In einem seismischen Wandel im amerikanischen Journalismus hat die Washington Post angekündigt, dass sie bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl 2024 keinen Kandidaten unterstützen wird — eine Entscheidung, die von ihrer langjährigen Tradition abweicht, in Präsidentschaftswahlen eine deutliche redaktionelle Stimme zu bieten. Verleger Will Lewis bestätigte am Freitag: „Die Washington Post wird in dieser Wahl keine Unterstützung für einen Präsidentschaftskandidaten aussprechen. Auch in zukünftigen Präsidentschaftswahlen nicht.“ Diese beispiellose Haltung, so Lewis, markiert eine Rückkehr zu den Ursprüngen der Zeitung.
Der Zeitpunkt der Ankündigung hat viele überrascht. Mit nur noch wenigen Tagen bis zur Wahl und den Kandidaten Kamala Harris und Donald Trump, die in den Umfragen Kopf an Kopf liegen, könnte das Fehlen der Unterstützung der Post weitreichende Folgen haben. Während einige die Entscheidung als indirekten Hinweis auf einen Kandidaten oder als Ablehnung eines anderen interpretieren, weist Lewis diese Vorstellung zurück und erklärt: „Wir sehen das nicht so. Wir betrachten es als konsistent mit den Werten, für die die Post immer eingestanden hat und was wir von einem Führer erwarten.“
In einer Welt, in der Zeitungen oft intensiver Prüfung wegen angeblicher Voreingenommenheit ausgesetzt sind, positioniert dieser Schritt die Post neu im politischen Diskurs. Indem sie sich von direkten Unterstützungen zurückzieht, will die Zeitung ihr Engagement für Integrität und Objektivität wahren. Lewis betonte, dass das Fehlen einer Unterstützung durch die Post ein Akt der Treue zu ihren Grundwerten ist — ein Bekenntnis zu „Charakter und Mut im Dienst an der amerikanischen Ethik, Verehrung für den Rechtsstaat und Respekt für die menschliche Freiheit.“
Hinter den Kulissen zeigen jedoch Quellen, dass das Redaktionsteam bereits eine Unterstützung für Harris gegenüber Trump entworfen hatte. Dennoch wurde die endgültige Entscheidung, sich gegen eine Veröffentlichung zu entscheiden, Berichten zufolge von dem Eigentümer der Post, dem Amazon-Gründer Jeff Bezos, beeinflusst. Bezos’ Einfluss, insbesondere bei politisch aufgeladenen Entscheidungen, hat sowohl Kritik als auch Neugier hervorgerufen und verdeutlicht die Herausforderungen des Eigentums in den Medien und den Druck, der damit einhergeht.
Während die Tage bis zur Wahl verstreichen, trägt diese Enthaltung von einer wichtigen Medieninstanz zur Unsicherheit in einem bereits extrem engen Rennen bei. Während sich die Wähler darauf vorbereiten, ihre Stimmen abzugeben, sendet die zurückhaltende Haltung der Post eine auffällige Botschaft, die es den Lesern überlässt, die Verdienste der Kandidaten ohne die ausdrückliche Anleitung der Zeitung abzuwägen. Für viele signalisiert dieser Wandel eine neue Ära der journalistischen Unabhängigkeit — oder vielleicht ein kalkuliertes Schweigen in einem Klima voller Spaltung.